Der Mann hinter der Bühne – danke für alles, lieber Manfred!

Ohne Orchesterwart kein Konzert. Aber was braucht es alles, damit eine Veranstaltung wortwörtlich reibungslos über die Bühne geht? Manfred Höin ist seit 1990 beim Musikkollegium Winterthur und hat vor seiner Pensionierung aus seinem Alltag erzählt.

Ein Portrait von Amalia Vasella

Im Saal des Stadthauses gehen die Lichter aus, auf der Bühne an und die Gespräche im Publikum verstummen. Die Musiker*innen sitzen auf ihren Plätzen, jede*r mit den passenden Noten, einem guten Blick auf das eigene Pult und nach vorne. Schon kommt der Chefdirigent Roberto González-Monjas auf die Bühne, nimmt seinen Platz hinter dem Dirigierpult ein und das Konzert beginnt. Nach der Pause folgt ein Klavierkonzert. Trotz des grossen Flügels haben immer noch alle Platz, wie von Zauberhand ist das grosse Instrument auf die Bühne gelangt. Möglich macht es Manfred Höin, Orchesterwart des Musikkollegium Winterthur. Vor, während und auch nach dem Konzert sorgt er für einen reibungslosen Ablauf und dafür, dass die Bühne bei Proben und Konzerten spielbereit für die Musiker*innen ist.

Ein Orchesterwart ist die Person im Hintergrund des Orchesters, die für den Auf-, Ab- und Umbau sowie den Transport verantwortlich ist. Auch wenn das Orchester einmal für einen Gastauftritt verreist, ist er zur Stelle. Er verteilt die Noten auf den Pulten der Musiker*innen, nur um sie nachher wieder im Archiv zu sortieren und schon die nächsten Veranstaltungen zu organisieren. Pauken, Perkussion, Harfen und weitere benötigte Instrumente müssen bei den Konzerten, aber auch bei den Proben bereitstehen. So auch der zu Beginn erwähnte Flügel: Mit einem speziellen Lift gelangt dieser durch die Decke oberhalb der Bühne auf dieselbe und verschwindet nach dem Konzert auf die gleiche Art und Weise wieder im Instrumentenlager. Manfred Höins Aufgabenbereich ist vielfältig: Nebst der Betreuung des Orchesters unterhält er das Notenarchiv des Musikkollegiums oder erledigt technische und handwerkliche Arbeiten im Stadthaus. Auch programmierte er selbst die Lichtstimmungen im Konzertsaal, sodass jederzeit, sei es für den Publikumseinlass, den Auftritt des Orchesters oder die Beleuchtung von Solist*innen, ein Knopfdruck für das gewünschte Licht reicht. Bei einem Rundgang durchs Instrumentenlager des Musikkollegium Winterthur erwähnt er beiläufig: «Diese drei Windmaschinen habe ich selbst gebaut. Für eine Uraufführung von Hans Zender waren drei kleine Windmaschinen gefragt. Woher willst du die nehmen? Also bin ich kurzerhand in den Baumarkt, hab mir Material gekauft und habe sie selbst gebaut.» Stolz fügt er hinzu: «Die ganze Welt beneidet uns um diese Windmaschinen.»

Wie wird man Orchesterwart, gibt es dafür eine Ausbildung? «Nach der Lehre als Hochbauzeichner war der Stellenmarkt gleich null auf meinem Beruf», erzählt Manfred Höin. «So arbeitete ich temporär einige Jahre im Metallbau. Doch meine Interessen lagen klar bei der Musik. Jahre später gelang mir endlich der Schritt in diese Richtung und nach sechs Jahren im Instrumentenverkauf hörte ich vom Job eines Orchesterwarts. Das traf nun den Nagel auf den Kopf.» Das Stadthaus kennt Manfred Höin mittlerweile in- und auswendig, hat er doch alle Umbauten und Veränderungen selbst miterlebt.

Nun neigt sich die Zeit, die er mit diesem Orchester verbringen durfte, einem Ende zu und ab Dezember wird er auf der anderen Seite des Konzertbetriebs anzutreffen sein, denn Manfred Höin ist ein Liebhaber der klassischen Musik, spielt selbst Gitarre und seit neustem auch Klavier. «Ich möchte mich bedanken für die vielen Jahre, die ich hier verbringen konnte, in einem genauso liebevollen wie hochprofessionellen Orchester. Die wunderbare Musik, die unzähligen wertvollen Momente hier im Haus oder auf Tourneen von Europa bis nach Ägypten oder Korea sind tief in mir verankert und bleiben mir in wertvoller Erinnerung.» Auf die Frage, was er am meisten vermissen wird, antwortet er schmunzelnd: «Das Gewusel der Musiker*innen hinter der Bühne, es ist wie eine riesengrosse Familie.»

 

Bei den Vorstellungsgesprächen für den Orchesterwart war ich
damals als Orchestervertreter dabei. Dr. Ott, damaliger Präsident
der Orchesterkommission, leitete diese Gespräche und hatte
ein «Pflichtenheft Orchesterdiener» vorbereitet, welches mit
den Bewerber*innen Punkt für Punkt besprochen wurde. Ich erinnere
mich an einen Punkt, der besagte, dass der Orchesterwart
immer Nadel und Faden zur Hand haben müsse. Dies für
den Fall, wenn Dirigent*in oder Solist*in kurz vor dem Auftritt
einen Knopf verlieren würde und der dann noch rasch angenäht
werden muss. Ich habe Manfred kürzlich gefragt, wie viele
Knöpfe er annähen musste, seit er unser Orchesterwart ist:
keine.

Eine Erinnerung von Egmont Rath,
Stv. Kontrabass Solo

Manfred Höin wurde Ende November 2023 pensioniert.

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